Neue Farbe im Firmenspektrum - Olly Wendt


"Unser Haus ist voller Menschen, das machen die vielen Englein. Da kommt man überhaupt nicht zur Besinnung. Die Englein haben es schon für sich. Doch so seelenvoll und stimmungsvoll, wie die Welt sich das Weihnachtsfest im Engelhause vorstellt, ist es nicht. Bis zuletzt im Trab. Doch wenn dann alle Lichtlein brennen - die in den großen und kleinen Englein und die am großen Weihnachtsbaum in dem das Rauschgold knistert und flimmert und die kleinsten Englein in den Zweigen schweben, unter denen Christi Geburt aufgebaut ist, die Pyramide sich dreht und die Glöckchen silberhell leise bimmeln, dann ist es wohl bezaubernd schön…"
 

Olly Wendt über ihre Wahlheimat

 

Wendt und Kühn - Olly WendtOlga Wendt - geborene Sommer, genannt Olly - prägt neben Grete Wendt das Gesicht der Grünhainichener Figurenwelt. Geboren am 27. Mai 1896 in Riga, nimmt sie als junges Mädchen in ihrer Heimatstadt Zeichenunterricht bei der Malerin Susa Walther. 1916 zieht Olly nach Dresden, um - wie Grete Wendt und Grete Kühn - an der Kunstgewerbeschule zu studieren.
 

Im Februar 1920 folgt die frischgebackene Absolventin der Empfehlung ihrer Lehrerin Frau Prof. Margarete Junge und geht nach Grünhainichen. Trotz vieler Abwerbungsversuche bleibt sie - ein Leben lang: Zahlreiche Entwürfe von Grete Wendt erhalten ihre Farbgebung durch Olly. Die Künstlerin fertigt jedoch auch eine Vielzahl eigener Figuren. Ob Brokatengel, Mondfamilie, Tiergruppen oder Margeritenengel... ihre Entwürfe fügen sich nahtlos in die typische Wendt und Kühn-Figurenwelt ein. Selbst für Kenner sind einige nur schwer von den Kreationen der Firmengründerin Grete Wendt zu unterscheiden.


 

Wendt und Kühn - Johannes und Olly Wendt mit ihren Kindern Sigi und Hans, 1935Auch den Mann fürs Leben findet Olly in Grünhainichen. Sie heiratet Grete Wendts Bruder Johannes, kaufmännischer Leiter des Familienunternehmens. Das junge Ehepaar bekommt zwei Kinder: die Zwillinge Sigrid und Hans. Hans Wendt wird später die Geschicke der Firma in die Hand nehmen, gefolgt von seinem jüngsten Sohn Tobias.

 

 

 

 

Wendt und Kühn - Grete und Olly Wendt, im Vordergrund Fräulein KieselsteinAusgezeichnet durch eine hohe Sensibilität für Farben, Formen, Haltung und Gebärden, schöpft Olly Wendt mit ihrem malerischen Talent aus der Volkskultur des Nordens. Ihre Kindheitserinnerungen zeichnet die in Riga Geborene voller Poesie in nordisch-hellem Blau: "Zwischen all den kleinen Holzhäuschen im Walde liegt auch unsere Datsche. Hellgrau hat der Wirt sie gestrichen. Nur die Sonne malt blaue Schatten darauf. Blau ist auch das Dach, auf dem der Schornstein steht und bläulich-weiße Rauchwölkchen in den Himmel bläst..." Die Künstlerin bringt in ihre Entwürfe ebenso Elemente ein, die an die orthodoxe Pracht Russlands erinnern. Fröhlichkeit und Schwermut liegen eng beieinander.

 

Wendt und Kühn - Die Brokatengel von Olly WendtTypisch für Olly Wendts gestalterische Handschrift: aufrechte, schlanke Formen mit üppiger Bemalung, oft in Gold - die Brokatengel. In diesem Stil entsteht auch eine 1969 vom Warenzeichenverband expertic® mit der Goldmedaille prämierte Engelgruppe - entworfen um 1945 als Wiedersehensgeschenk für ihren von zu Hause verschleppten Mann, wenn er aus der russischen Gefangenschaft zurückkäme... Doch Johannes Wendt sollte niemals heimkehren.

 

 

 

Die Margeritenengel von Olly Wendt - Wendt und KühnIn den frühen Grünhainichener Jahren fließen Dekore für Spanschachteln, Schatullen und Kästen - zunächst in großer Zahl ins Sortiment - aus Ollys kreativer Hand. Zudem lehrt sie zarte Margeritenengel fliegen.

 

 

Die Mondfamilie von Olly Wendt -  Wendt und Kühn1925: Die Mondfamilie erobert ihren festen Platz im Angebot von Wendt und Kühn. Olly Wendts Phantasie entspringen Vater Mond, Mutter Sonne und zunächst vier individuelle Sternenkinder. Warum zwei, später eines, nur auf einem Bein stehen? "Es hat sich halt so ergeben." - natürlich aus gestalterischen Gründen - hätte wohl auch hier die Antwort gelautet.

 

 

Die Lippersdorfer Engel von Olly Wendt - Wendt und Kühn Charakteristisch für die ersten Jahre der Manufaktur ist das Bemühen, zufällig in die Werkstätten gelangende, ursprünglich-volkstümliche Formen zu restaurieren, ihnen nachzuspüren... So bringt in der Vorweihnachtszeit um 1922 ein Mann aus Lippersdorf einen alten Weihnachtsengel zur Reparatur nach Grünhainichen. Nach dessen Vorbild entsteht 1923 eine in der Grundform ähnliche, jedoch von Olly Wendt auf eigene Weise bemalte Figur - bald Advent für Advent Schmuck der Fenster des Manufakturgebäudes. Jedes Jahr zur Weihnachtszeit wird erneut eine kleine Serie dieses „Lippersdorfer Engels" aufgelegt und in zwei unterschiedlichen Bemalungen in den hauseigenen Geschäften angeboten.


 

Olly Wendt - Wendt und KühnAls Gestalterin nicht mehr wegzudenken, ist Olly Wendt auch kluge Ratgeberin und Freundin für Grete Wendt. Entscheidungen treffen die Damen Wendt stets gemeinsam: ."Grete, was meinst Du?'' oder "Olly, schau doch mal!"

 

Nach 63-jähriger Betriebszugehörigkeit, die letzten Jahre als Angestellte im VEB, nimmt Olly Wendt 1983 mit 87 Jahren ihren Abschied von den Werkstätten - bis auf den einen oder anderen Kontrollbesuch, um zu sehen "ob die Farben auch stimmen." Denn der Übergang in 'Volkseigentum' entband nicht von der Sorgfaltspflicht gegenüber dem historischen Erbe - deutliche Zeichen: das bewahrte Firmensignet „W-K" und die weiterhin mustergetreue Fertigung. So existiert zwischen der Urheberin - Grete Wendt - und dem VEB Werk-Kunst ein Vertrag, in dem festgelegt wird, dass "der VEB Werk-Kunst die von der Urheberin entworfenen kunsthandwerklichen Holzfiguren und andere kunsthandwerkliche Gegenstände in seinem Betrieb benutzt und die nach den Entwürfen hergestellten Erzeugnisse im In- und Ausland vertreibt." Hans Wendt verteidigt die Besonderheit der Werkstätten und die Familientradition. Niemals lässt er Resignation aufkommen. Die friedliche Revolution von 1989/90 sollte ihm Recht geben. Erste Schritte in die Marktwirtschaft folgen: Hans Wendt wirkt aktiv an der Gründung des Verbandes Erzgebirgischer Kunsthandwerker und Spielzeughersteller e.V. im Mai 1990 mit. Am 1. Juli 1990 ist es Olly Wendt schließlich vergönnt, mitzuerleben, dass ihr Sohn Hans die Firma in Privatbesitz zurückführen kann. Ihr Wendt und Kühn wieder in Familienhand wissend, stirbt Olly Wendt im Alter von 95 Jahren am 13. Juni 1991 in Grünhainichen.

 

 

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